Pestizide sind chemische Substanzen, die vorrangig in der Landwirtschaft sowie im Obst- und Weinanbau als Pflanzenschutzmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel (Biozid) oder Unkrautvernichtungsmittel (Herbizid) zur Anwendung kommen. Mehr als 30.000 Tonnen pestizidhaltiger Produkte werden regelmäßig auf deutschen Anbauflächen ausgebracht. Dabei gehen die Chemikalien mit nachhaltigen Folgen für Umwelt und Gesundheit einher, aber auch für unsere Landwirtschaft und damit für unsere Nahrungsgrundlage. Langfristig betrachtet, schaden Pestizide mehr als sie nützen.

Der Einfluss von Pestiziden auf die Biodiversität

Die biologische Vielfalt in der Land-, Forst-, Fischerei- und Ernährungswirtschaft geht weltweit zurück. Die Artenvielfalt ist dabei nicht nur in den südamerikanischen Regenwäldern bedroht, sondern auch direkt vor unserer Haustür. Heute gelten 70 Prozent der natürlichen Lebensräume in Deutschland als bestandsgefährdet.

Diese Entwicklung ist laut Studien zu einem großen Teil auf die intensive, vorrangig auf großflächigen Pestizideinsatz setzende Landwirtschaft zurückführbar. Pestizide wirken sich nicht nur auf die bekämpften Schädlinge aus, sondern verursachen auch Schäden an anderen Lebewesen, die mit diesen in Kontakt geraten. Denn die Chemikalien reichern sich im Boden an und schädigen die dort lebenden Regenwürmer, Insekten und Mikroorganismen. Auch auf die Konzentration der Wildpflanzensamen im Boden, dem pflanzlichen Samenvorrat von Ackerböden, wirkt sich der Pestizideinsatz negativ aus. Während in den 1950er Jahren noch 30.000 bis 300.000 Samen pro Quadratmeter im Boden aufzufinden waren, sind es heute nur noch 2.500. In der Folge bilden sich weniger Wildpflanzen und die Vielfalt der Lebensräume nimmt ab. Diese Reduzierung von Bodenfauna und -flora hat Auswirkungen auf die gesamte Nahrungskette. So kann beispielsweise den in der Region lebenden Vögeln die Nahrungsgrundlage genommen werden. Im Extremfall können ganze Tierarten aussterben. Zusätzlich verstärkt wird diese Entwicklung durch Monokulturen, enge Fruchtfolgen sowie Neophyten („Neu-Pflanzen“), die die heimischen Pflanzen verdrängen und so ebenfalls störend in die Nahrungsketten eingreifen.

Pestizide sind eine Gefahr für die Gesundheit

Pestizide sind nahezu ausnahmslos gesundheitsgefährdend für den Menschen. Knapp 400 Millionen Menschen erkranken im Jahr weltweit an Pestizidvergiftungen. In etwa 1.500 verschiedenen Schädlings- und Unkrautbekämpfungsmitteln werden heute rund 280 Pestizidwirkstoffe verwendet. Angesichts dieser Vielzahl sind die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit sehr unterschiedlich. Sie reichen nachweislich von akuten Vergiftungserscheinungen wie Abgeschlagenheit, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Magen-Darm-Beschwerden bei unmittelbarem Kontakt bis hin zu Langzeitfolgen wie Erbgutschäden, Fehlgeburten, Wachstums- und Hormonstörungen, Asthma sowie Krebserkrankungen . Schwere Pestizidvergiftungen führen nicht selten zu Organversagen, insbesondere von Herz, Lunge oder Nieren. Circa 11.000 Menschen sterben jährlich weltweit an den Folgen einer Pestizidvergiftung.

Der Rückgang der Artenvielfalt kann entsprechend nur aufgehalten werden, wenn der Pestizideinsatz eingeschränkt und eine Transformation hin zu einer nachhaltigen extensiven Landwirtschaft gelingt. Die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt, in der eine Erhöhung des Anteils an Grünland oder Streuobstwiesen vereinbart worden ist, soll den Rückgang der Artenvielfalt in Deutschland aufhalten und den beschriebenen Negativtrend umkehren. Die Vereinbarungen werden allerdings nicht eingehalten.

Wer ist besonders gefährdet?

Betroffen sind besonders häufig Personen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit im landwirtschaftlichen Anbau mit Pestiziden arbeiten und so mit diesen in Berührung kommen. Die im beruflichen Kontext auftretenden Pestizidvergiftungen steigen aufgrund des jährlich steigenden Pestizideinsatzes seit Jahren stetig an. So sind 2017 beispielsweise weltweit etwa 80 Prozent mehr Pestizide eingesetzt worden als noch 1990, insbesondere im globalen Süden, wo schlechtere Arbeitsschutzbedingungen bestehen. Um den Anstieg an Pestizidvergiftungen und -toten einzudämmen hat die WHO einen Verhaltenskodex zum Umgang mit Pestiziden verabschiedet. Die WHO-Empfehlungen werden bislang allerdings nicht umgesetzt, da gesetzliche Regelungen fehlen .

Daneben kommen vermehrt Menschen, die in unmittelbarer Nachbarschaft landwirtschaftlicher Betriebe leben, durch windbedingte Abdrift mit Pestiziden in Kontakt. Aber auch Menschen, die fernab pestizidbehandelter Anbauflächen leben, sind gefährdet. Da Pestizide im Boden gespeichert werden, versickern sie ins Grundwasser und gelangen in die angebauten Nutzpflanzen, da diese die Pestizide und deren Abbauprodukte wieder mit dem Wasser aufnehmen. Zudem kann der kontinuierliche Einsatz zu Resistenzen und damit zu einem Wirksamkeitsverlust führen. Daher setzen Landwirt*innen häufig verschiedene pestizidhaltige Substanzen ein, die allerdings zu einer Mehrfachbelastung in Lebensmitteln und Grundwasser führen. Der Pestizideinsatz wird so in die Höhe getrieben. Der vom Menschen über Nahrung und Trinkwasser aufgenommene chemische Cocktail kann langfristig die Gesundheit beeinträchtigen, da sich Pestizide im Fettgewebe anreichern.

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