Ob man an Märchen oder an den Osterhasen denkt: Der Feldhase hat in unseren Breiten eine ganz besondere Bedeutung. Mittlerweile hoppeln jedoch immer weniger von ihnen über die hiesigen Wiesen und Felder. Diese Entwicklung geht vor allem auf das Konto der modernen Landwirtschaft.

Wie gefährdet ist der Feldhase?

Im März 2023 gab die Deutsche Wildtier-Stiftung bekannt, dass in Deutschland noch etwas mehr als zwei Millionen Feldhasen leben. Das mag sich nach viel anhören, doch die Hasenpopulation hat in den letzten Jahrzehnten deutlich abgenommen. Zum Vergleich: Hochrechnungen kamen noch 2011 auf einem Bestand von rund vier Millionen Tieren. Aus diesem Grund gilt der Feldhase mittlerweile als „mäßig häufig“ und findet sich somit auf der Roten Liste der gefährdeten Säugetiere wieder. Die Bestände unterscheiden sich innerhalb Deutschlands stark. Während in den neuen Bundesländern im Durchschnitt nur fünf Hasen pro Quadratkilometer gezählt werden, ist die Population etwa in Nordrhein-Westfalen mit 17 Tieren noch vergleichsweise groß.

Verbreitung und Lebensweise

Überall in Europa ist der Feldhase zu Hause, genauso wie in Nordafrika und in Westasien. Er bevorzugt ein warmes und trockenes Klima sowie offene und halboffene Landschaften, in denen er potenzielle Feinde leicht in den Blick nehmen kann. In Deutschland findet man den Feldhasen vor allem in Tieflandbereichen, die vorwiegend landwirtschaftlich genutzt werden. In höheren Lagen ist er ebenso anzutreffen, allerdings mit kleineren Populationen.

In erster Linie lässt sich der Feldhase in Steppen, Dünen, lichten Wäldern oder Agrarlandschaften beobachten, die reich an Hecken und Büschen sind. Auf diese Versteckmöglichkeiten ist er angewiesen, da er – im Gegensatz zu Kaninchen – keinen Unterschlupf in einem Bau findet. Junge Feldhasen verbringen ihren ersten Lebensabschnitt in einer Sasse. Dabei handelt es sich um eine flache Erdmulde, in die sie sich hineindrücken und die meiste Zeit allein verbringen. Die Häsin kommt nur zum Säugen vorbei.

Die moderne Landwirtschaft und ihre Folgen für den Feldhasen

Die Landwirtschaft gehört heute zu den größten Bedrohungen des Langohrs. Noch bis in die 1950er-Jahre sah das jedoch ganz anders aus. Die kleinbäuerliche Landwirtschaft bot dem Feldhasen ideale Lebensbedingungen. Sie zeichnete sich beispielsweise durch Brachen und Parzellen aus, in denen unterschiedliche Feldfrüchte wuchsen. Auf den vergleichsweise wenig bewirtschafteten Äckern, Weiden und Wiesen fand der Feldhase eine Vielzahl an Pflanzen, aber auch den so wichtigen Schutz vor der Witterung und Feinden.

Die Intensivierung der Landwirtschaft hat diese fast schon paradiesischen Verhältnisse in den letzten Jahrzehnten völlig verändert. Immer stärker dominieren Monokulturen, sodass auf riesigen Feldern nur noch Mais, Raps und einige wenige andere Arten angebaut werden. Die für den Feldhasen so wichtigen Streifen am Ackerrand sowie brachliegende Flächen kommen hingegen immer weniger vor.

Aufgrund der immer wenigeren Schutzmöglichkeiten sind insbesondere Jungtiere eine leichte Beute für Feinde. Hinzu kommt, dass die Felder so gut wie komplett abgeerntet werden. Dies sorgt zusammen mit dem vermehrten Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden dazu, dass sich das Nahrungsangebot für die Hasen stetig verknappt. Vielerorts sind Gräser und Kräuter längst Mangelware, die den Hauptbestandteil ihrer Nahrung ausmachen. Auch die Nutzung von größeren und effizienteren Maschinen stellt eine Bedrohung dar, der viele Hasen zum Opfer fallen.

Die Bedrohung durch den Straßenverkehr

Da die Agrarlandschaft den Feldhasen mittlerweile vor fast unlösbare Herausforderungen stellt, ist er vielerorts gezwungen, seine typische Ortstreue aufzugeben und sich neue Lebensräume zu erschließen. Dieser Weg führt ihn oft in dicht besiedelte Gebiete. Ausgebaute Straßen und Siedlungen tragen zur Zerschneidung und damit zum Verlust seines Lebensraums bei. Ähnlich wie andere Wildtierarten fällt der Feldhase immer häufiger dem Straßenverkehr zum Opfer. Pro Jahr sterben laut Wildtier-Stiftung auf diese Weise rund 60.000 Tiere.

Immer mehr Feldhasen im urbanen Raum

Die schlechte Nahrungssituation auf dem Land gilt als einer der Hauptgründe, warum immer mehr Feldhasen in den Randgebieten von Städten anzutreffen sind. Hier finden sie größere Brachflächen, die nie gedüngt werden und deshalb eine vielfältige Flora bieten. Besonders in den frühen Morgenstunden ist die Wahrscheinlichkeit hoch, die scheuen Tiere zu sehen, die bisweilen eine eigentümliche Zutraulichkeit entwickeln. Dass sich Feldhasen gerne am Stadtrand aufhalten, zum Beispiel in Parks, Kleingärten oder Friedhöfen, ist nichts Besonderes. Als neu gilt hingegen die Entwicklung, dass Meister Lampe auch immer öfter im Stadtinneren beobachtet werden kann.

In der Stadt kommen viele der natürlichen Feinde der Feldhasen nicht oder kaum vor, zu denen etwa Füchse, Wildschweine, Marder oder Greifvögel gehören. Der Feldhase ist jedoch weit davon entfernt, im urbanen Raum ein sicheres Refugium zu finden. Vor allem Jungtiere sind eine beliebte Beute streunender Katzen und nicht angeleinter Hunde. Deshalb stellt es für den Feldhasen keine nachhaltige Alternative dar, in der Stadt zu leben, auch wenn sich viele Einwohner über die langohrigen Besucher freuen.

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