Zustimmung für das UN-Hochseeschutzabkommen durch die deutsche Bundesregierung
Das Hochseeschutzabkommen dient als völkerrechtlicher Vertrag dem Schutz der wichtigsten Meere und Ozeane. Es soll all die Lücken schließen, die im Bereich der Hohen See liegen und für die es bisher keinerlei Regelwerke gibt. In Kraft tritt das Abkommen dann, wenn die Ratifizierung durch 60 Staaten erfolgt ist. Am 19. Juni 2023 nahmen die UN-Mitgliedsstaaten das Hochseeschutzabkommen an und am 13. September 2023 unterzeichnete es auch die deutsche Bundesregierung. Das bedeutet besonders für die engagierten Umwelt- und Tierschützer einen historischen Erfolg, die das Verschwinden aussterbender Arten verhindern möchten. Der Vertrag erweitert den Rechtsrahmen jedoch auch, um beispielsweise genetische Ressourcen der Tiefsee zu nutzen und daraus Profit zu schlagen.
Wirtschaftszonen und die Hohe See
Als Hohe See werden all die Meeresregionen bezeichnet, die außerhalb der nationalen Rechtsprechung liegen. Sie umfasst nahezu zwei Drittel der Oberfläche des gesamten Planeten jenseits der Hoheitsgewalt vereinzelter Staaten. Bis jetzt gilt, dass die dortigen Ressourcen allen gemeinsam und gleichzeitig niemandem gehören. Sie unterliegen dem „gemeinsamen Erbe der Menschheit“ und sind für einzelne Staaten unantastbar.
Die Vereinten Nationen (UNCLOS) unterteilen die Ozeane in drei Zonen. Die erste Zone bilden die Küstenmeere, die bei Niedrigwasser bis zu zwölf Seemeilen vom Land entfernt sind. Die zweite Zone ist die ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ), die 200 Seemeilen von der Basislinie entfernt liegt. Die dritte Zone stellt die Hohe See dar, die sich außerhalb der genannten Zonen befindet. Entsprechend ist die Hohe See ein wichtiger Handelsweg und lockt mit Rohstoffen in der Tiefsee. Gerade die lichtlosen Bereiche, die über 200 Meter in der Tiefe liegen, bergen wichtige Mikroorganismen und Enzyme von Meeresbewohnern, die gewinnbringend den Markt im Bereich der Medizin, Chemie und Kosmetik ankurbeln würden.
Allgemein gilt, dass nur küstennahe Bereiche des Meeres den angrenzenden Staaten das Hoheitsrecht zusichern und von diesen als Wirtschaftszone genutzt werden können. Für den Fischfang ist geregelt, dass der, der zuerst in der Hohen See fündig wird, den Fang behalten und den Gewinn einstreichen darf. Anders sieht es mit den Ressourcen der Tiefsee aus. Durch das Hochseeschutzabkommen wäre der Zugang zu diesen auch auf Hoher See möglich und stellt einen erheblichen profitablen Nutzen dar. Die beteiligten Staaten denken entsprechend über die damit zusammenhängende Verteilung der Gewinne nach, die sich aus der Förderung solcher Ressourcen ergeben, was bereits zu einigen Streitigkeiten geführt hat.
Die Gefährdung der Meere und die Regelung des Abkommens im Detail
Umweltaktivisten haben dagegen vermehrt die Ausweitung von Schutzregionen im Hinterkopf. Die Meere und Ozeane sind seit langer Zeit gefährdet. Überfischung, Klimawandel und Plastikmüll machen den Lebewesen erheblich zu schaffen, verändern die Wasserqualität und begünstigen das Aussterben bestimmter Tier- und Pflanzenarten. Greenpeace und andere Umweltorganisationen forderten seit 2005 eine Grundlage für die Errichtung von Schutzzonen in der Hohen See und bewerten die wirtschaftlichen Interessen der Staaten kritisch. Mit der Unterzeichnung durch die deutsche Bundesregierung ist ein weiterer Schritt in diese Richtung getan.
Das Abkommen ermöglicht eine Zusammenarbeit der Staaten und eine bessere Koordination, während zuvor Institutionen wie ISA oder RFMOs im nachhaltigen Management eher versagt haben. Voraussetzung des Abkommens ist es, dass sich die beteiligten Mitgliedsstaaten gemeinsam darauf einigen müssen, welche Schutzgebiete errichtet und wie die Ressourcen verteilt werden sollen. Der Vertrag beinhaltet unter anderem Regelungen, wie ein Schutzgebiet festgelegt und vorgeschlagen werden kann, wer das Ganze nach wissenschaftlichen Kriterien prüft und ob eine Ausweisung allgemein von Vorteil ist.
Das zuvor bestehende Veto-Recht von Mitgliedsstaaten bei der Ausweisung bestimmter Schutzgebiete wird sich mit dem Abkommen verändern und eine Mehrheitsregelung ermöglichen. Erlaubt wären dann auch Zustimmungen mit einer Dreiviertelmehrheit. Darüber hinaus ist eine am Ökosystem orientierte Herangehensweise angestrebt, die sich günstig auf die Vernetzung der Schutzregionen auswirkt. Das betrifft die Verlegung von Schiffsrouten ebenso wie neue Regelungen gegen die Vermüllung mit Plastik.
Dennoch öffnet das Abkommen auch neue Beschlüsse in Bezug auf die Rohstoffgewinnung und Profitabilität. Der Hauptkritikpunkt bleibt daher die Frage, wie Gewinne aus der Nutzung genetischer Meeresressourcen aufgeteilt werden. Gerade die Industriestaaten sind hier den ärmeren Ländern deutlich überlegen, um die Ressourcen gewinnbringend zu kommerzialisieren. Der globale Süden besteht dagegen weiterhin darauf, dass diese das „Erbe der Menschheit“ sind und die Gewinne damit allen gehören.
Die Reaktionen auf das Hochseeschutzabkommen
Im Großen und Ganzen sind die Reaktionen auf das Abkommen jedoch größtenteils positiv. Es unterstützt das Anliegen, der zerstörenden Wirkung der Ozeane und Meere entgegenzuwirken. Die Regierungen der Mitgliedsstaaten wären durch das Inkrafttreten des Abkommens beispielsweise dazu verpflichtet, künftig bei allen Wirtschaftsaktivitäten auf Hoher See über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung abzustimmen. Ein Verzicht hierfür müsste dann öffentlich begründet werden. Dadurch begrüßen viele die Unterzeichnung als entscheidenden Schritt für die Erhaltung der biologischen Vielfalt. Die Bundesumweltministerin Steffi Lemke sprach von einem historischen Erfolg und von einem umfassenden Schutz bedrohter Arten und Lebensräume. Das würde auch den Schutz für die Menschen sichern.
Die Tiefsee ist bisher nur bis zu 0,01 Prozent erforscht. Internationale Regelungen für die Hohe See stellen einen entscheidenden Schritt für den Klimaschutz und Rohstoffabbau dar und heben die Rechtsfreiheit auf Hoher See auf. Schon vor der Konferenz im Juli sprachen sich 21 Staaten für eine vorläufige Pause im Tiefseebergbau aus, der laut einer Studie des WWF wirtschaftlich fragwürdig ist. Besonders schützenswert wären Regionen, die über eine große Biodiversität verfügen und artenreiche Ökosysteme aufweisen, darunter Kalkwasserkorallenriffe oder komplexe tropische Riffe.
Regen reicht nicht – Arten- und Klimakrise sind keine getrennten Probleme – Die Libelle – Verliererin des Klimawandels