Die Blindschleiche übt schon alleine aufgrund des Namens eine hohe Faszination auf Menschen aus. Die äußere Ähnlichkeit mit Schlangen macht dieses Lebewesen ebenfalls zu einer interessanten Tierart. Dabei gehört die Blindschleiche gar nicht zu den Schlangen, sondern zu den Echsen. Eine nähere Betrachtung der Anatomie, des Lebensraums, der Lebensweise und der ökologischen Bedeutung enthüllt eine vielschichtige Welt, die wir in diesem Artikel näher vorstellen.

Keine Schlange, sondern Echse

Der lang gestreckte Körper und die nicht vorhandenen Gliedmaßen führen dazu, dass die Echsen häufig für Schlangen gehalten werden. Die wissenschaftliche Bezeichnung Anguis fragilis bedeutet sogar „zerbrechliche Schlange“. Aber das Aussehen und die Bezeichnung führen in die Irre. Denn trotz der schlangenähnlichen Form gehören die Tiere nicht zu den Schlangen, sondern zu den Echsen. Zudem können Blindschleichen zur Verteidigung gegen Feinde ihren Schwanz abstoßen. Diese „Zerbrechlichkeit“ ist ebenfalls typisch für Echsen.

Die deutsche Namensgebung kann ferner den Eindruck erwecken, dass Blindschleichen blind seien. Aber das ist eine Fehlinterpretation. Stattdessen leitet sich die Bezeichnung von der glänzenden Haut der Blindschleichen ab, was althochdeutsch als „Plint“ bezeichnet wurde, was so viel wie „blendend“ heißt. Blindschleichen haben im Gegensatz zu Schlangen sogar bewegliche und verschließbare Augenlider.

Körpermerkmale und Lebensweise

Blindschleichen sind genauso wie Schlangen Wirbeltiere. Der Kopf geht ohne Ansatz in den kreisrunden Rumpf über, der mit einem hornigen Schwanz endet. Die Knochen des Schädels sind fest miteinander verwachsen. Die Schädelknochen von Schlangen sind im Gegensatz dazu mit Bändern verbunden, sodass sie ihren Kiefer weit öffnen können, um große Beute in einem Stück zu verschlingen. Das ist Blindschleichen nicht möglich.

Darüber hinaus züngelt die Blindschleiche mit leicht offenem Maul. Denn sie haben anders als Schlangen keine Lücke in der Oberlippe. Blindschleichen bewegen sich auch recht langsam und steif fort. Denn unterhalb der Schuppen befinden sich starre Knochenplättchen. Sie besitzen zudem an der Wirbelsäule noch Rudimente eines Becken- und Schultergürtels.

Ausgewachsene Blindschleichen sind durchschnittlich etwa 40 cm lang. Die maximale Größe liegt bei etwa über 50 cm. Das heißt, ihr Wachstum ist begrenzt. Das ist ein weiterer Unterschied zu Schlangen, die in der Regel unaufhörlich wachsen können. Die Färbung von Blindschleichen ist sehr variantenreich. Es treten Grau-, Geld- und Brauntöne auf. Aber einzelne Exemplare weisen eine Blaufleckung auf. Typisch ist auch der dunkle Rückenstreifen über die gesamte Körperlänge. Im Gegensatz zu anderen Reptilienarten legt die Blindschleiche keine Eier, sondern ist lebendgebärend.

Die Blindschleiche ist wechselwarm, sodass sie die kalte Jahreszeit in frostgeschützten Erdlöchern oder Felsspalten verbringt. An warmen Tagen liegen sie hingegen häufig auf Steinen in der Sonne.
Blindschleichen sind bei Angriffen durch Feinde dazu in der Lage, ihren Schwanz abzustoßen. Denn sie verfügen über eine Sollbruchstelle am Körper. Der abgestoßene Schwanz zappelt dann noch und lenkt damit die Beutegreifer ab. Die Blindschleichen haben so mehr Zeit, sich in einem Versteck zu verkriechen. Der Schwanz wächst nach einiger Zeit wieder nach – allerdings als verkürzter Stumpf.

Lebensraum von Blindschleichen

Blindschleichen sind grundsätzlich fast überall in der Natur vorzufinden, da sie eine hohe Anpassungsfähigkeit haben. Ihr bevorzugter Lebensraum erstreckt sich von Laubwäldern über Parks und Heidegebiete bis hin zu naturnahen Kleingärten. Es muss ausreichend lichte Stellen, aber ebenso Versteckmöglichkeiten geben. Die Böden dürfen nicht trocken sein. Sie sind häufig in der Nähe zu Gewässern anzutreffen. Allerdings bedrohen menschliche Eingriffe ihre natürlichen Lebensräume. Außerdem stehen sie durch die Präsenz ihrer Fressfeinde permanent unter Druck. Zu ihren Fressfeinden gehören beispielsweise Vögel, Füchse, Wildschweine, Dachse, Igel oder Marder, aber auch Katzen.

Nacktschnecken sowie Regenwürmer als Hauptnahrungsquelle

Die Hauptnahrungsquelle sind Nacktschnecken sowie Regenwürmer. Daher sind Blindschleichen bei naturnahen Gartenbesitzern äußerst beliebt. Blindschleichen sind für die Nahrungsaufnahme besonders in der Dämmerung aktiv. Wenn es regnerisch ist, werden sie auch am Tag aktiv. Viele Gartenbesitzer setzen gegen Nacktschnecken allerdings Schneckenkorn ein. Das stellt nicht nur eine Vergiftungsgefahr für Blindschleichen dar, sondern reduziert deren Nahrungsangebot. Daher sollten Gartenbesitzer auf Schneckenkorn und Pestizide verzichten und Blindschleichen viele Unterschlupfmöglichkeiten im Garten bieten. Dazu gehören Holzstapel, Komposthaufen oder Trockenmauern.

Gefährdung und Schutz von Blindschleichen

Blindschleichen sind in Deutschland noch nicht flächendeckend gefährdet. Es gibt aber regionale Unterschiede. So sind sie häufig in Ballungsräumen stark gefährdet. Insgesamt gibt es einen stetigen Rückgang der Bestände. Denn die Zerstörung des Lebensraums, der Einsatz von Pestiziden oder versehentliche oder absichtliche Tötungen stellen eine Gefahr für die Bestände dar. Die intensive Landwirtschaft und Forstwirtschaft trägt zur Zerstörung des bevorzugten Lebensraums bei. Denn Wegböschungen, Lichtungen und Säume bieten nicht den notwendigen Lebensraum, weil diese Landschaftstypen durch Nährstoffeintrag der Landwirtschaft schnell zuwachsen.

Daher sind Schutzmaßnahmen für den Erhalt der Bestände besonders wichtig. Dazu zählt die Bewahrung von naturnahen Lebensräumen, die ausreichend geschützte Rückzugsorte bieten. Darüber hinaus sollten vor allem Gartenbesitzer auf den Einsatz von Pestiziden verzichten, damit die Nahrungsquellen für Blindschleichen nicht beeinträchtigt wird. Mit der Anlage von Versteckmöglichkeiten fördern Gartenbesitzer das Überleben von Blindschleichen. Zudem stellen freilaufende Katzen ebenfalls eine Gefahr für Blindschleichen dar, was Hausbesitzer vermeiden können.

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